5. Mai 2021

Radio Infinity berichtet über Streit zwischen Nordlicht und Crusader um die A2, Winters lässt Geschäftsessen platzen

 


Hitzige Auseinandersetzung zwischen Crusader Industries und dem in Stanton ansässigen Unternehmen Nordlicht, einem Anbieter für DeepSpace Exploration und Luxury Cruise. Insiderberichten zufolge hat Friedrich Winters, CEO von Nordlicht, ein Geschäftsessen mit Marketingvetretern von Crusader platzen lassen. Es ging dabei um mögliche Werbeverträge zwischen beiden Unternehmen. Gerüchten zufolge hatte man Nordlicht großzügige Unterstützung angeboten wenn auf deren Luxusreisen Werbespots für die neue A2 Hercules gezeigt würden. Die Verhandlungen mündeten aber in einem Streit darüber, ob ein Schiff wie die A2 auf dem zivilen Markt überhaupt verkauft werden sollte. Bereits mehrfach hatte Winters das unverhältnismäßige Aufrüsten privater Flotten kritisiert. Vor einiger Zeit hatte er Aufsehen erregt, als er in einem offenen Brief an den Vorstand von AEGIS erklärte, der zivile Verkauf der Eclipse sei ein Skandal. Er sehe keinerlei sinnvolle zivile Verwendung für einen Tarnkappenbomber. AEGIS gefährde aus reiner Profitgier die zivile Raumfahrt. Ähnlich argumentierte Winters nun auch zur A2. Den Industriegiganten dürfte Nordlichts Kritik indes kalt lassen. Die Absatzzahlen der neuen Starlifter-Reihe sind trotz breiter Kritik am hohen Preis weiterhin hoch. Für Nordlicht könnte der Streit nun aber ein herber Rückschlag für die Expansion in Stanton sein, da Crusader Industries als wichtigster Partner für Nordlichts Aktivitäten in diesem Sektor gilt.

Winters Fragmente - Friedrich Winters - 2951-05-05 - "Willkommen in Stanton"

Die Origin 350R SHADOWFAX saust über die schneebedeckten Weiten Microtechs. Ich liebe den Planeten. Das Terraforming hat ihn und insbesondere sein Klima stark verändert dennoch wirkt er wild und unberührt.  

Wirklich kennengelernt habe ich den eisigen Planeten aber erst in den letzten 3 Jahren. Seit ich beschlossen hatte mit meinem Unternehmen Nordlicht Aviation aus Ellis nach Stanton umzuziehen. Weder Land noch Leute haben mich sonderlich willkommen geheißen und dennoch fühle ich mich hier wohl. Nicht zuletzt erinnert es mich an meine Heimat, die Erde, Norwegen, wo ich 2968 in Bergen geboren wurde.

Genau 100 Jahre datiert man nun die offizielle Entdeckung Stantons zurück. 14 Jahre später hatte Microtech CEO Magnus Tobin den Planeten von der UEE gekauft. Das war also 3 Jahre vor meiner Geburt. Wann war ich das erste mal hier? Muss kurz nach der Zeit bei der 341th gewesen sein.

Das Mobi piept. Laurin O'Graynes Gesicht erscheint auf dem HUD. Er wirkt besorgt oder vielleicht eher verärgert, es ist schwer zu sagen. "Guten Tag Laurin. Was gibt es?" 

"Guten Mr. Winters, äh Friedrich meine ich." Ich merke, wie ich unwillkürlich lächeln muss. Bei Nordlicht duzen wir uns. Nur O'Graynes verfällt immer wie in das "Sie".  -Achja und mir passiert das eben auch oft.

O'Graynes zögert, dann beginnt er. "Ich hatte es Ihnen ja gesagt, das mit der Kritik an der A2-Promotion wird uns irgendwann auf die Füße fallen. Crusader hat uns die Landerechte auf Orison entzogen. Offiziell schieben sie eine routinemäßige Sicherheitsprüfung vor, aber das ist ganz klar die Retourkutsche für den Eklat bei dem Geschäftsessen und jetzt auch noch das Interview bei Radio Infinity. Das war doch klar, dass die sich das nicht so bieten lassen. Orison ist wichtig für uns. Das wirft uns weit zurück..."

"Ist schon gut, Laurin. Nimm Orison für das erste aus dem Flugplan. Ich lasse mir etwas einfallen." unterbreche ich ihn. 

"Was willst du denn tun?"

Diese selbstgerechten Schnösel von Crusader PR. Erst machen sie auf Charity und dann wollen sie Orbitalbomber unters Volk bringen. Das Navigationssystem piept. Ich bin fast an der Höhle.

"Laurin ich bin fast an den Koordinaten. Ich kümmere mich kurz um diesen Notruf, dann treffen wir uns nachher auf der FROST."

"Na klar. Sei vorsichtig da unten. Wenn ich in 2 Stunden keine Nachricht von dir habe, komme ich dich persönlich holen, aber ich finde es keine gute Idee diese Mission zu machen. Friedrich, warum tust du Dir das immer noch wieder an?"

"Ich bin in der Nähe. Wer weiß, wann das nächste Schiff hier sein kann. Die Chance, dass man dem Verschollenen noch helfen kann ist gering, aber sie wird mit jeder Minute die vergeht noch kleiner."

O'Graynes Bild verschwindet.  

Wenige Minuten später habe ich die SHADOWFAX gelandet, zwänge mich in die Novikov-Armor und stapfe durch den Schnee auf den Höhleneingang zu. O'Graynes hat recht, warum tue ich mir das an? Wozu das Risiko. Ich starre in das Dunkel der Höhle. "Yaruk Telen, fremder Narr, was hast du dir dabei gedacht hier alleine hineinzugehen? Und warum kamst du nie zurück? Wo ist dein Schiff oder wie bist du hierher gekommen?" murmel ich in meinen Helm. Die Missionbeschreibung ist gewohnt vage. Ein unvorsichtiger einsamer Tourist hat sich seit Tagen nicht mehr gemeldet. Er habe diese Höhle auf Microtech besuchen wollen. Mehr ist nicht bekannt. Und nun gehe ich auch hinein, genauso unvorsichtig, genauso allein. Ich prüfe meine LH86, Medpens, Oxypen, Leuchtstab. Einzelne Flocken tänzeln um den Eingang. Soll ich abbrechen? Doch dort unten ist ein Mensch. Möglichweise kam er hier euphorisch an. Hoffte auf Abenteuer, Reichtum, Erfolg, dachte der Planet würde ihn Willkommen heißen und ihm seine Schätze und Wunder offenbaren. Doch nun war er dort unten. Allein? Verletzt? Hilflos? Tot?

Ich gehe in die Höhle. Immer weiter abwärts geht es, doch von dem Vermissten gibt es keine Spur. In einem Gewölbe liegt ein Leuchtstab nehmen einem flachen Gang. Ich robbe hindurch. Fast eine Stunde durchstreife ich Gewölbe, springe über Abgründe und erklettere Plateaus.



Wieder stehe ich auf einer Steinsäule. Etwas schimmert grünlich im Abgrund unter mir. Das Display eines gelben Rucksackes. Im Kegel meiner Helmlampe erkenne ich nun auch einen Körper auf dessen Rücken er geschnallt ist. Der Mann liegt reglos da. 

Zügig steige ich hinab und kniee neben dem Mann. Das Gesicht sieht friedlich aus aber zweifellos tod. Vorsichtig taste ich den Arm ab. Die Leiche ist trotz des Anzugs komplett gefroren. Keine offensichtlichen Verletzungen. Möglicherweise innere Blutungen oder Genickbruch. Der Helm zeigt einige Tiefe Schrammen. Ich scanne. Identität bestätigt. Yaruk Telen. Ich seufze, schaue mich um. Alleine kann ich den Leichnam unmöglich bergen. Ich werde ihn  zurücklassen müssen. Ich platziere einen Leuchstab und stelle ihn auf  "ext.duration". Da fällt mir ein HoloBook auf, das aus der Hosentasche ragt. Es ist eine billige aber robuste Outdoorversion. Ich schalte es ein. Es funktioniert. Es ist ein Reiseführer. Ich lege ihn weg und beginne den Rückweg. Vor meinen geistigen Auge schwebt noch das Cover des Reiseführers. Die Hologramme grell und protzig, der Titel selten einfallslos. "Willkommen in Stanton".