Die Carrack glitt durch
das Sternenmeer. Lichtphänomene des verzerrten Raumes umgaben sie,
rasten vorbei grell, bunt, unwirklich. Husky starrte hinaus. Er
versuchte seine Gedanken zu ordnen und Ellas Bericht zu verarbeiten.
Geplatzte Treffen –
Übergaben - Black Data - Ella bei Cäcilia - Zero bei Tyr - Val
bedroht Zero - Zero von Tyr erschossen - Quatsch Valentin wurde
erschossen - von TYR? Gehört Valentin also zu Cäcilia? Was für
ein Chaos!
"Husky." Ellas
Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. "Was haben wir jetzt also
genau vor? Wo treffen wir Zero?"
"Äh ja wo? An einem
geheimen Ort, den wir wohl noch erfahren werden. Dann bringt
Hermieoth Kjeld und Cäcilia an Bord. Die werden unbewaffnet sein und
irgendeine Black Data mitbringen, die Zero dann an Bord
entschlüsselt."
"Aha und warum
machen wir das?"
"Naja, weil... Keine
Ahnung." Es ergab wirklich keinen rechten Sinn. Über Jahre
hatte er versucht dieses Chaos aus FROS heraus zu halten, die
Konflikte von Hermie, Bru und Ray zu schlichten. Es funktionierte
einfach nicht. Husky atmete tief durch.
"Wir müssen
zusammenhalten. Keine Ahnung, wo uns das hinführt, aber wenn Zero
unsere Hilfe will, dann werden wir zueinanderstehen."
Er versuchte, den Frust
aus seiner Stimme zu verbannen und Ella entschlossen anzusehen.
Sein Mobiglas piepte.
Neue Nachrichten. Die Aktion mit Zero war schon wieder abgeblasen,
bevor sie begonnen hatte. Zero würde vorerst auf Port Tressler
bleiben und die Lage beobachten.
Aber dafür kam auch eine
Nachricht von Hermie: Bru war im Vorfeld des Experiments, das die
Eldfjall Universität angekündigt hatte, auf Harpers Point
verschollen. Husky seufzte.
"Was gibt es neues
wollte." wollte Ella wissen.
"Das mit Zero und
der Black Data ist wohl erneut geplatzt. Aber es gibt ein anderes
Problem. Wir müssen Hermie auf Tressler treffen. Bru ist
verschwunden."
Hermie sah überhaupt
nicht gut aus und erzählte eine beunruhigende Geschichte.
Er hätte einen Hinweis
erhalten, dass jemand im Umfeld von ENOS aussteigen und Informationen
an die Presse weitergeben wollte. Er sollte diese Person vor dem
Experiment auf Hapers Point treffen und dazu einen Journalisten
mitbringen. Also war Hermieoth mit Bru dort aufgeschlagen und hatte
auf den ominösen Aussteiger gewartet. Als der nicht aufgekreuzt sei,
hätten sie etwas von dem Bier konsumiert, dass Hermieoth nebenbei
ausliefern wollte. Brubacker hätte es mal wieder etwas übertrieben
und Hermie musste noch mal kurz weg, dann hätten sich die beiden
aber in einem Unterstand hingelegt. Später sei Hermieoth allein
aufgewacht. Auf eine Carrack die in der Zwischenzeit eingetroffen sei
habe man ihn nicht gelassen. Es sei aber auch noch eine Gruppe von
Explorern dort bei Harpers Point, die weiter nach Brubacker suchen
wollten.
Ella nahm Hermieoth mit
auf die Krankenstation, um ihn zu untersuchen.
"Hermieoth!"
Ella schaute besorgt auf den Monitor des Analysegerätes. "du
hast Spuren von KO-Tropfen im Blut."
"Was? Das wird ja
immer besser! Ich rede kurz mit Zero auf Tressler und dann fliegen
wir da runter und finden Bru." meinte Husky.
In der Lobby von Port
Tressler traf Husky auf Zero .
"Schön dich zu
sehen, Zero. Können wir frei reden?" Husky warf einen kurzen
Seitenblick auf den schwer gerüsteten Kämpfer neben Zero.
"Navaja hier ist nur
zu meinem Schutz da, alles ok Husky. Hat TYR mir gestellt."
"TYR, aha. Ich bin
mit Hermieoth und Ella auf der FROST. Es gibt Probleme. Brubacker ist
verschwunden. Kommst du mit uns?"
"Ella Klemens?“
Unterbarach uns der Söldner „ Die steht bei TYR auf einer Liste
mit gefährlichen Personen. Sie wurde gestern bei einem unserer
Einsätze erfasst."
"Ella?" Husky
wußte nicht, ob das ein Witz oder eine Frechheit sein sollte.
Zero versuchte die
Situation zu beschwichtigen. "Ich denke, das ist alles ein
Missverständnis. Wäre nicht das erste gerade oder?"
Husky überlegte kurz.
"Gut. Klären wir das besser gleich. Kommt mit an Bord."
Eine halbe Stunde später
flog die FROST aus dem Hangar der Orbitalstation. Husky blickte zu
den Fenstern von Tressler. Irgendwo dort stand nun Zero mit seinem
TYR Bodyguard.
"Er sollte hier bei
uns an Bord sein..." murmelte Husky. Wenigstens war das Gespräch
mit Navaja einigermaßen konstruktiv verlaufen und er hatte
zugesichert Ella von der "Feindesliste" von TYR zu
streichen. Ein Weltbild hatten diese Söldner! Und mit denen blieb
Zero nun auf Tressler zurück. Stattdessen saßen nun drei
gestrandete Explorer mit auf der FROST. Sie gaben an, auch Freunde
von Brubacker zu sein. Der Plan war simpel. Landen, in ziviler
Kleidung aussteigen und jeden den wir auftreiben konnten nach
Brubacker befragen. Auch an Bord der Carrack, wo der Versuch zu ENOS
stattfinden und das Potential der Bio-Bot Technologie als das
"Allheilmittel der Zukunft" demonstrieren sollte wollten
wir uns umhören.
"Falls sie uns da
nicht reinlassen, werde ich mich als Friedrich Winters ausgeben. Die
Wachen kennen meinen Großvater hoffentlich nicht persönlich und
wenn sie über Funk den Namen durchgeben, öffnet das uns bei den
Abendroths vielleicht ein paar Türen."
Einer der Explorer wirkte
etwas irritiert.
"Hey, wir wollen
einfach nur Brubacker finden. OK?"
"Ja ich denke da
sind wir uns einig. Wir wollen keinen Ärger. Keine Waffen, keine
Rüstungen."
Die Siedlung war ärmlich,
aber lag malerisch am Ufer eines Sees. Wir trafen einige Ansässige
aber die meisten gingen unserer Gruppe aus dem Weg. Keiner konnte
oder wollte uns weiterhelfen. Einige Raumschiffe kreisten über dem
Gewässer. Ihre Lichter spiegelten sich im ruhigen Wasser. Die
Carrack am anderen Ende der Niederlassung überragte sämtliche
Gebäude. Ihre Rampe war offen.
Hermieoth ging voraus.
"Also dann,
vielleicht haben wir hier mehr Glück. Ist hier jemand? Hallo wir-"
Schüsse blitzten auf. Hermieoth wurde umgerissen und kippte von der
Rampe ins Dunkel.
"Hermie! Was zum-"
weitere Schüsse krachten. Husky spürte einen stechenden Schmerz in
der Brust und fühlten wie er von der Wucht umgerissen wurde. Er
schlug hart auf der Rampe auf. Übelkeit stieg ihm auf und sein Blick
verlor sich-
Husten. Keuchen. Husky
rang nach Luft. Sein Puls raste, hämmerte in seinem Schädel.
Verschwommen nahm er wahr, wie der knisternde Strahl einer Medgun
über seinen Thorax glitt. Er lag im Gras, neben ihm die dunkle
Sihouette der Carrack. Schüsse und Schreie.
"Rückzug. Alle weg
hier! Zurück zur FROST." Hermieoths Stimme übertönte das
Chaos und hallte in seinem Kopf merkwürdig wider. Stolpernd kam
Husky auf die Beine. Vor ihm rannte jemand. Er lief einfach
hinterher.
"Aber Brubacker!"
hörte er einen der Explorer protestieren.
"Erstmal weg hier!"
Panisch rannte Husky am
Ufer des Sees entlang. Dort hinten musste sein Schiff stehen. Er
fühlte nichts als das Hämmern seines Herzens. Demexatrine und
Roxaphen taten ihre Wirkung.
Dort war die Rampe der
FROST.
"Haben es alle
geschafft?"
"Verdammt, mich hat
es übel erwischt, aber ich bin gleich bei euch"
Einer nach dem anderen
fanden sich alle in der FROST ein. Hastig wurden Undersuits und
Rüstungen angelegt. Entschlossenheit und Wut lag in der Luft, aber
auch Schmerz und Panik. Mit zittrigen Fingern versuchte Husky seinen
Brustpanzer zu schließen. Immer wieder rutschte er ab.
"Dürfen wir jetzt
Waffen tragen?"
Die rhetorische Frage des
Explorers brachte Husky in die Realität zurück. "Natürlich."
Husky spürte eine Traurigkeit und Ruhe in sich aufsteigen. Langsam
bekam er sich wieder in den Griff. "Rüstet euch weiter aus. Es
tut mir leid, dass wir euch in so einen Konflikt mit reingezogen
haben. Ich dachte, es gab eine offizielle Einladung zu dem
Experiment! Das hätte ich nie erwartet. Ich muss kurz in die
Medbay." Keuchend humpelte er mit halb geschlossener Rüstung
zum Fahrstuhl.
"Hier wird scharf
geschossen und Brubacker könnte da drüben festsitzen. Als
ehemaliger Soldat kann ich ihn hier nicht zurücklassen! Wir müssen
wieder zu dem anderen Schiff!" Dusty Kordes strahlte grimmigen
Tatendrang aus.
"Aber wir wissen
überhaupt nicht, was da drüben los ist und bei so einer
Militäraktion bin ich raus. Ich weiß wohl wo bei einer Waffe vorne
und hinten aber das war es dann auch schon und wir reden hier
möglicherweise von einer Geiselrettung? Damit bringen wir Bru nur in
Gefahr."
Der Funk knackte "Hier
ist Zero, TYR geht jetzt rein. Bringt euch in Sicherheit. Die Yellows
sichern den Luftraum." Sofort boten Hermie und die Explorer ihre
Hilfe an.
Im Medizindeck traf Husky
auf Hermieoth, der sich gerade notdürftig versorgt hatte. Husky warf
sich auf die Trage und startete das Behandlungstool. Ruckelnd setzte
sich das MedBed zur Behandlung in Bewegung. Nein, nicht das Bett,
sondern die ganze Carrack erbebte.
"Alle von Bord! Wir
werden beschossen!"
"Was?"
"Alle raus hier!
Husky komm!" Hermieoth war mit wenigen Schritten aus der MedBay.
Husky brach die
Behandlung ab. Ein Warnung ploppte auf. Husky ignorierte sie, rollte
sich von der Liege und stürmte zu Fahrstuhl, wo ihn Hermieoth
ungeduldig erwartete.
"Wir wissen nicht,
wann das Schiff explodiert! Schneller!"
Der Fahrstuhl fuhr
abwärts. Es kam ihm quälend langsam vor. Erinnerungen an die "Crew"
wurden wach. Damals, als Schuppke die PAL ONE mit fast der gesamten
FROS an Bord per Selbstzerstörung gesprengt hatte, war dieser
Fahrstuhl Huskys Grab geworden.
"Weiter Husky!
schnell!" Hermieoth zog Husky durch die Tür in die Garrage der
Carrack. "Alle weg von der Carrack und Licht aus!" Husky
folgte den anderen in die Nacht.
"Will jemand von
hier evakuiert werden?" Huskys Stimme klang unsicher. „Ich
könnte euch rausbringen.“ Er wollte hier weg.
Sie kauerten im Dunkeln
einige hundert Meter von der FROST entfernt. Eisiger Wind wiegte die
matt schimmernden Blumen um sie in der Nacht. Es war komplett
surreal. Der Beschuss hatte aufgehört, doch keiner seiner 5
Begleiter wollte Brubacker im Stich lassen. Alle wollten trotz
teilweise schwerer Verletzungen vor Ort ausharren und sehen, ob sie
bei einer möglichen Befreiung Brubackers helfen konnten.
Hermieoth kochte. "Ich
will wissen, wer da an Bord der anderen Carrack ist, verdammt!"
"Brubacker, dachte
ich."
"Ja klar! Aber ich
meine, wer da auf uns schießt!"
"Na, die das
Experiment machen. Abendroth oder so?"
"Wie? Die machen ein
Experiment an Brubacker? Das können wir nicht zulassen!" Ein
Kampfschiff brauste über uns hinweg.
"Das wissen wir doch
alles gar nicht. Himmel noch mal Ella! Ich brauche eine Waffe!"
Ella gab Hermieoth eines ihrer Gewehre.
Husky fühlte sich
verloren und nutzlos.
Zero meldete sich übers
Mobi "Könnt ihr Lichtsignale mit eurer Carrack geben?. Wir
können die FROST kaum vom Zielobjekt unterscheiden."
"Moment ich geh kurz
an Bord." Mühsam unterdrückte er einen Schmerzenslaut als er
loslief.
"Pass auf Husky, das
ist gefährlich." Ella klang besorgt.
"Klar."
"Alles klar, haben
euch identifiziert. TYR geht jetzt rein!"
Husky löschte die
Scheinwerfer der Carrack. Die Systeme waren nur leicht beschädigt.
Seine Hände krampften sich um die Kontrollen. Jeden Moment erwartete
er neuen Beschuss. Er saß hier auf dem Präsentierteller, kein
einziger Turm war besetzt und gleich würde ein Kampf beginnen. Er
sollte wieder von Bord gehen und mit den anderen draußen in Deckung
gehen. Doch er konnte sich nicht vom Pilotensitz lösen. Er hielt es
nicht mehr aus. Triebwerke hochfahren. Flugweg abschätzen. Luftraum
kontrollieren.
"Hier ist Husky von
der FROST, es ist zu gefährlich hier. Ich gehe auf Abstand. Ich kann
hier nichts tun." Die FROST schoss davon und tauchte hinter den
nächsten Bergkamm. Aufschaltalarme ertönten und verstummten wieder.
Weiter und weiter jagde das Schiff durch dunkle Täler davon. Dann
endlich brachte er die Frost zum Stehen. Husky atmete durch. Er hatte
die Boostreserven längst komplett entleert. Keiner war ihm gefolgt.
Er war dem Kampf entkommen und hatte die anderen zurückgelassen.
Selbstzweifel nagten an ihm, als sich das Adrenalin verflüchtigte.
Einsam schwebte FROST zwischen dunklen Bergkämmen und schweigenden
Wäldern. Es war gespenstisch. Die Ruhe wirkte wie stiller Vorwurf.
Als sei die Nacht um ihn in gespannter Erwartung seiner
Rechtfertigung. Unwillkürlich räusperte er sich nervös. Was sollte
er jetzt tun?
Der Funk erwachte wieder.
"Zielobjekt hebt ab! Ich wiederhole Zielobjekt will fliehen."
"Verfolgen, Antrieb
deaktiveren, auf keinen Fall zerstören."
Ein Kontakt blitzte auf
dem Radar der FROST auf und Husky nahm ohne zu zögern die Verfolgung
auf. Langsam holte er auf. Dann sah er, was die andere Carrack
vorhatte. Sie wollte in den Orbit springen. Schnell lud er den
Quantumantrieb.
"Da hab wir es. Du
willst nach OM3!"
Die FROST sprang beinahe
gleichzeitig mit der anderen Carrack, doch etwa 200km vor OM3 hieb
Husky auf die Notabschaltung der Energie. Die Quantumblase
kollabierte und die FROST trieb im Orbit. Auf keinen Fall wollte er
das gejagte Schiff warnen oder verteiben. Er musste außerhalb ihrer
Scannerrecihweite bleiben. Vorsichtig näherte sich Husky bis auf
100km an OM3, dann rannte er in die Garrage und schwang sich auf die
Blue Marlin, sein Origin X1 Hoverbike. Mit der FROST würde er nie
unbemerkt an die andere Carrack herankommen, aber vielleicht so.
Er spürte die
aberwitzige Beschleunigung, dann nichts mehr. Die Carrack hinter ihm
war außer Sicht und tief unter ihm schimmerte Microtech.
Was sollte er machen,
wenn er das andere Schiff erreichte? Würden sie ihn bemerken? Würden
sie wieder schießen? Die Fragen erübrigten sich, als er vor sich
einen Quantumblitz sah. Die Carrack, die er verfolgt hatte, war weg.
Ihm blieb nichts, als zur FROST zurückzukehren. Von dort
kontaktierte er Hermieoth, Ella und Zero. Offenbar waren auf der
Carrack doch nicht die Abendroths gewesen. Sie seien nahe einem
Bunker KH3-AAE-L. Das war wohl momentan die einzige Spur zu
Brubacker. Husky sprang zu einem Navpunkt knapp 250km von KH3-AAE-L.
Er musste sich beeilen. Offenbar bereitete TYR bereits einen Einsatz
dort vor. Hermieoth und Ella würden sich der Mission anschließen.
"So eine Operation
ist nichts für mich." Husky kam sich feige vor.
"Husky, komm doch zu
uns, dann schauen wir gemeinsam, ob und wie wir mitmachen."
"Nein, ich habe eine
andere Idee. Ich werde dorthin biken und verhandeln."
"Dann hol uns ab und
wir machen das gemeinsam. Als FROS." Er wusste das Hermie recht
hatte, aber er konnte ihm und Ella nicht unter die Augen treten.
Nicht, nachdem er bei Harpers Point so gekniffen hatte.
"TYR wird euch
mitnehmen. Es ist mir lieber, wenn jemand von uns dabei ist, wenn
diese Rambos einen Ort angreifen an dem möglicherweise Brubacker
festgehalten wird. Außerdem schaffe ich es nur rechtzeitig, wenn ich
mich beeile. Sonst komme ich zu spät." Diese Ausflüchte
klangen aus seinem eigenen Mund überraschend überzeugend.
"Alleine schaffst du
das gar nicht. Das wird nichts."
"Hermie ich muss das
tun und es bleibt keine Zeit Euch abzuholen."
"Wie du meinst,
bitte sei vorsichtig Husky." Hermieoth klang besorgt und etwas
resigniert. Vielleicht war er aber auch gekränkt, dass Husky allein
losgezogen war. Husky schaltete den Com ab. Im Süden sah er einen
Eissee. Es war Tag, aber ein Blizzard zog auf. Er setzte die FROST
auf die schimmerde Fläche, schwang sich auf seine X1 und schoss los.
Gut 60km musste er nach Norden. Auf dem See kam er gut voran, doch
das Wetter nahm ihm fast komplett die Sicht und schon nach wenigen
Kilometern erreichte er den Rand der Eisfläche. Verdammt! Noch über
50km. Verschneite Tannen zogen vorbei. Es wurde hügeliger. Noch
45km. Berge. Felsen. Schluchten. Schneegestöber. Er musste immer
langsamer reiten. Kalter Schweiß brach ihm aus. Etwas rann seinen
Körper hinab. Blut? Schweiß? Er hätte seine Wunden besser
versorgen sollen, bevor er mit diesem schwachsinngen Unternehmen
startete.
Noch 40km. Warum zur Hölle beschlug sein Visier? War das
Eis. Oder doch der Nebel? Steilwände drängten ihn vom Kurs ab.
Immer höhere Kämme türmten sich bis in die unbarmherzigen Wolken,
die ihn unablässig mit Schnee übergossen. Mit zahllosen Booststößen
qäulte er sich schwindelerregende Steigungen hinauf, schlitterte auf
der anderen Seite hinab nur um vor dem nächsten Hindernis zu stehen.
Er war mitten in ein Gebrige geraten! Wo war der Horizont? Immer
wieder gelang es ihm nur mit Mühe, das Bike zu kontrollieren und er
musste ständig anhalten, um sich zu orientieren. Er brauchte einen
Scout, er brauchte seine Free Riders, allein konnte er es nie
schaffen - schon gar nicht rechtzeitig.
Immer noch 36km. Die Wunde an
seiner Brust brannte und ein stechender Schmerz in seinem linken Bein
nahm stetig weiter zu. Er war zu langsam. Sei wie das Wasser! Wie das
Wasser! Er musste wie ein Fluss gleiten, der spielend durch die Täler
rauschte. Aber er war eher wie ein störisches Schiff, das ächzend
in einem Sturm durch aufgewühlte See stampfte. Die nächste Welle,
der nächste Bergrücken. Die Marlin schoss über den Kamm und schien
einen Augenblick schwerelos über dem nächsten Tal zu schweben. Dann
sauste sie in die Tiefe. Es gab keinen Himmel keine Erde nur ein
Weißes nichts, in das er fiel. Dann sah Husky den Felsen.